Sterben und Erben bringen Kummer

Von Marcel

Finanzfreak & passionierter Investor

So besagt es ein altes Sprichwort. Stimmen die meisten beim Sterben noch zu, verbinden viele Erben und Kummer vielleicht noch nicht so eng miteinander. Auch wenn es sich hierbei um keine Gesetzmäßigkeit handelt, umschreibt das Sprichwort ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Nicht geklärte Erbansprüche, überhöhte Erwartungshaltungen und emotionale Ausnahmesituationen haben leider schon zu oft Familien und Freundschaften entzweit. Grund genug zu dem Thema Erbschaft von Immobilien einen Artikel zu schreiben.

Es wird zu wenig geredet

Ich habe heute bei Spiegel Online einen interessanten Artikel gelesen, der sich ganz speziell mit dem Thema Vererbung von Immobilien beschäftigt. Dabei ist mir ein Punkt ins Auge gefallen: Knapp 50% der Familien mit Immobilienbesitz haben sich noch nicht mit Erbfragen beschäftigt. Als ein wesentlicher Grund dafür führen die Befragten auf, dass das Erben als ein Tabuthema angesehen wird. Dabei ist es so wichtig sich frühzeitig mit diesen Themen zu beschäftigen. Tritt der Todesfall von z.B. den Eltern ein, liegt eine hoch emotionale Situation vor. Sich dann zum ersten Mal mit dem Erben zu beschäftigen birgt gewisse Risiken. In diesem Artikel möchte ich meine persönliche Sicht der Dinge beschreiben und aufführen, wie unterschiedliche Erb-Konstellationen gemeistert werden können.

Die richtige Einstellung

Die richtige Einstellung ist meiner Meinung nach die Basis. Ohne sie kann die beste Umsetzungsstrategie nicht erfolgreich sein. Wenn ich über Einstellung rede, dann meine ich Verantwortung. Eine Verantwortung, die sowohl Erblasser (z.B. Eltern) als auch Erben (z.B. Kinder) wahrnehmen sollten.


Die Verantwortung der Eltern besteht im Wesentlichen darin, Offenheit und Transparenz walten zu lassen. Dieses Thema aufgrund des Tabu-Faktors gar nicht erst anzusprechen, verkompliziert die Lage leider nur. Man könnte auch sagen, das Schweigen lässt den unausgesprochenen Elefanten immer größer werden. Die Erblasser sollten sich bewusst sein, dass die frühzeitige und offen Auseinandersetzung mit dem Thema Erbe von einem hohen Verantwortungsbewusstsein zeugt. Immerhin wird somit alles getan, um einen potentiellen Konflikt zwischen den Erben zu vermeiden. Die Erben, wenn es dann auch noch die eigenen Kinder sind, erst im Falle des Todes zu konfrontieren ist nicht optimal. Überforderung und Emotionalität können dann schnell zu irrationalem Verhalten führen.


Die Verantwortung der Kinder hingegen besteht zu aller erst einmal darin, die offene und transparente Kommunikation der Eltern wertzuschätzen. Ja, über den Tod der Eltern zu sprechen ist nicht einfach, aber wegschauen hat noch keine Probleme gelöst. Darüber hinaus liegt die größte Verpflichtung der Kinder wohl darin, eine gewisse Demut an den Tag zu legen. Per Definition ist ein Erbe das Vermögen einer Person welches einer anderen Person hinterlassen wird. Die Erben bekommen also Vermögen, welches sie selbst nicht aufgebaut, sich nicht verdient haben. Demnach sind Gier oder eine überzogene Anspruchshaltung absolut fehl am Platz. Vielmehr sollte Dankbarkeit für das Lebenswerk der Eltern gezollt werden.

Die richtige Umsetzung

Das Wissen über die grundsätzlichen Handlungsoptionen kann helfen, am Ende eine passende und individuelle Umsetzungsstrategie zu definieren. Denn eins ist klar, jeder Fall ist einzigartig. Durch die Auseinandersetzung und Besprechung unterschiedlicher Möglichkeiten ist schon ein wichtiger Schritt in Richtung Konfliktvermeidung unternommen worden. Durch den Diskurs können frühzeitig Unstimmigkeiten erkannt, besprochen und vermieden werden. Schauen wir uns im Nachfolgenden an, welche grundsätzlichen Möglichkeiten es gibt eine Immobilie zu vererben:

1. Verkauf der Immobilie

Alle Erben haben sich darauf verständigt die Immobilien zu verkaufen. Der Verkaufserlös wird anteilig an alle Erben verteilt. Es ist wohl die klarste und einfachste Variante. 

2. Vermietung der Immobilie

Alle Erben wollen die Immobilie anteilig behalten und melden keinen Eigenbedarf an. In diesem Fall wird sie vermietet und die Mieteinnahmen anteilig an alle Erben ausgeschüttet. Da es in diesem Zusammenhang auch nach der Überschreibung der Immobilie laufend zu einer Abstimmung und einem “laufenden Betrieb” kommt, sollten vorab die Rollen und Verantwortlichkeiten sowie Rahmenbedingungen klar definiert sein:

  1. Wer übernimmt die Verwaltung, kümmert sich um die Mietersuche, Hausmeisterservice, Reparatur, Wartung und letztendlich auch um die Betriebskostenabrechnung?
  2. Wie und wann werden die Mieteinnahmen ausgeschüttet?
  3. Wie hoch sind die Rücklagen?
  4. Wie werden zukünftige Entscheidungen, wie beispielsweise Ausbau- oder Bauvorhaben getroffen?
  5. Wie sieht das Vorgehen bei einem Anteilsverkauf eines Erben aus?

Sind mehrere Erben oder Immobilien involviert, kann und sollte ein GbR-Vertrag aufgesetzt werden der all diese Themen klärt.

3. Eigennutzung der Immobilie

Hierbei kann es zu zwei Konstellationen kommen:

Einer der Erben will die Immobilie privat nutzen, alle anderen wollen verkaufen. Dann bietet es sich an, über einen neutralen Sachverständigen den aktuellen Verkehrswert der Immobilie zu ermitteln. Der Erbe, der privat nutzen will, muss die anderen Erben, abzüglich seines Anteils, dann entsprechend des Verkehrswertes ausbezahlen. Jetzt könnten die Verkäufer beanstanden, dass sie auf dem freien Immobilienmarkt einen höheren Erlös erwarten könnten als nur den Verkehrswert. Ja richtig, aber auch der Käufer könnte beanstanden, dass ein Familienpreis doch eigentlich günstiger sein sollte als der Verkehrswert. An dieser Stelle greife ich den Punkt Einstellung und Demut wieder auf. Wenn beide Parteien sich den Umstand vor Augen führen, dass sie auf der einen Seite mit dem Erbe etwas geschenkt bekommen und auf der anderen Seite auch anerkennen, dass die Gegenpartei ebenfalls Zugeständisse eingeht, kann es dazu beitragen das subjektive Empfinden von Benachteiligung zu relativeren.


Mehrere Erben wollen die Immobilie gerne privat nutzen. Das ist zugegebenermaßen kein einfacher Fall. Denn oftmals geht der Wunsch mit einer emotionalen Bindung zur Immobilie einher. Da helfen dann auch keine mathematischen Verteilungen. Daher bieten sich hier folgende Vorgehensweisen an:

  1. Die interessierten Erben einigen sich untereinander. Natürlich auch hier vor dem Eintreten des Erbfalls. Gerade wenn sich die Erben untereinander verstehen lässt sich so vielleicht einiges klären. Gegebenfalls war dem einen Erbe der akute Wunsch des Miterben gar nicht bewusst. Und vielleicht eröffnen sich durch eine Auszahlung auch andere, interessante Möglichkeiten die Wünsche und Träume zu realisieren.
  2. Die Eltern haben in vorherigen Gesprächen erfahren, dass mehr als nur ein Erbe die Immobilie gerne selbst nutzen will. Dann könnten sie, um den Haussegen nicht zu gefährden, einfach die Immobilie verkaufen. Laut der Umfrage der zu Beginn genannten Studie haben auch erstaunlich viele Kinder kein Problem damit, wenn ihre Eltern die Immobilie verkaufen wollen. Auch hier sei nochmal der Verweis auf die Demut gegeben. Eine Erbschaft sollte niemals als etwas Selbstverständliches gesehen werden, sondern als ein wunderschönes Geschenk. Die Erben bekommen in diesem Fall ein tolles Startkapital, mit dem Sie ihr eigenes Wohnprojekt besser und einfacher umsetzen können.

Fazit

Am Ende des Tages geht es um einen ganzheitlichen Ansatz. Wie Yin und Yang gehören auch das Mindset und die richtigen Umsetzungsstrategien zusammen. Natürlich können die hier aufgeführten Beschreibungen nicht alle Individualitäten abdecken. Aber der frühzeitige und offene Umgang kann einen klärenden Prozess anstoßen. Ich will mit diesem Beitrag Optionen beschreiben und Ansatzpunkte aufzeigen, um den Prozess des Erbens zu erleichtern. Der Verlust wiegt schwer genug, also sollte man versuchen alle Themen vor dessen Eintreffen geklärt zu haben.

Erfahrungen sind das Einzige was nicht vererbt werden kann. Deshalb interessieren mich deine Erfahrungen: Hast du dich dem Thema schon genähert? Wie konntest du das Thema Immobilien-Erbe klären? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

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2 Kommentare

  1. Avatar

    Hallo Marcel,

    bei zu vermutenden schweren Erbstreitigkeiten sollte an die Bestellung eines Testamentsvollstreckers gedacht werden. Ist zwar teuer, aber zur Beilegung von Streitigkeiten, durch den Einsatz eines Juristen, der den erklärten Willen des Erblassers vertritt, äußerst sinnvoll. Denn besonders diese Streitigkeiten sind nicht selten und oftmals extrem belastend für die Beteiligten und Unbeteiligten, sind aber meist auch schon im Vorfeld erkennbar und damit vermeidbar.

    Beste Grüße

  2. Marcel

    Hallo Klaus,

    danke für deinen Beitrag. Ich gebe dir völlig recht.
    Wenn Probleme schon erkennbar sind, sollte man nicht am falschen Ende sparen.

    Viele Grüße aus Frankfurt!

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